Nach all den wissenschaftlichen Fakten, die ich von Brigitte Clausen erfahren habe, gibt es für mich noch eine Frage, die mir auf den Lippen brennt. Denn was natürlich wirklich zählt, ist, was man am Ende überhaupt mit der Forschung, die im SFB betrieben wird, erreichen kann. Also frage ich Frau Clausen, ob sie nicht eine Art Vision hat, wohin die wissenschaftliche Arbeit im SFB 1232 später mal führen soll.
Und die Wissenschaftlerin muss auch nicht lange überlegen. „Das interessanteste an der Forschung im SFB ist die Tatsache, dass man innerhalb eines vergleichsweise kurzen Zeitraums viele neue Werkstoffe mit neuen Eigenschaften finden kann, vorausgesetzt die Methode funktioniert. Wir haben jetzt erstmal vier Jahre, in denen wir diese Methode etablieren können, doch, wenn wir weitere vier Jahre für unsere Forschung bewilligt bekommen, dann hätten wir genug Zeit, um viele neue Schmelzen zu erzeugen und Themen zu untersuchen, die wir jetzt noch nicht beherrschen.“
Natürlich möchte ich sofort wissen, was das für Themen sind. „Das wäre zum Beispiel die Schadenstoleranz – das bedeutet, dass wenn das Bauteil einen Riss hat, es nicht gleich kaputt geht, sondern lokal höhere Spannungen ertragen kann oder sich sogar selbst heilt. Ein anderes Thema wären auch intelligente Werkstoffe, die sozusagen Bescheid sagen, bevor sie kaputtgehen. Zum Beispiel durch Farbänderung oder, dass sie heiß werden, wenn sie kaputtgehen und man das dann mit einer Wärmebildkamera erkennen kann. Eine andere Möglichkeit wäre auch, dass der Werkstoff weicher wird und anfängt, sich durchzubiegen. Bei einfachen Stählen ist das für uns ja jetzt schon ein Zeichen, dass etwas gleich kaputtgeht.“
„Aber warum ist es überhaupt so wichtig, neue Werkstoffe zu entwickeln?“, frage ich Brigitte Clausen. Und auch darauf hat sie eine gute Antwort. „Wir brauchen immer neue Werkstoffe, die wir in Verfahren einsetzen können, in denen die Leistung quasi auch immer höhergeschraubt wird. Zum Beispiel müssen in der Windenergie die einzelnen Bauteile immer leichter werden, damit die Gewichtsbelastung bei steigender Leistung im Windrad nicht ansteigt. Und wir wollen Werkstoffe finden, die diesen Anforderungen gerecht werden. Und das ist nun mal nicht immer dadurch getan, dass man die Materialien fester macht, denn wichtiger ist in solchen Fällen, dass ein kleiner Anriss nicht sofort zum Versagen führt.
Das hört sich für mich alles sehr schlüssig an und ich bin schon gespannt darauf, welchen Beitrag die Forschung im SFB1232 schlussendlich leisten wird!
Emilia Kurilov ist von Oktober 2017 bis Dezember 2019 studentische Mitarbeiterin im TP Öffentlichkeitsarbeit. Sie studiert Medien-, Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaft an der Uni Bremen.
Bildquellen
- Kurbelwelle mit Dauerschwingbruch (Stahl): Brigitte Clausen
- Brigitte Clausen: SFB 1232 / Claudia Sobich