Geröntgt wurden unsere Proben bereits. Im nächsten Schritt will Ilya Bobrov u. a. feststellen, wie es um Paul und Paulas magnetische Eigenschaften steht.
In der Werkstoffforschung ist Mikromagnetismus ähnlich verbreitet wie XRD. Während sich das im vorherigen Eintrag beschriebene Verfahren auf das Untersuchen von Mikro- und Kristallstrukturen konzentriert, dient die zweite Methode dem zerstörungsfreien Ermitteln von Deskriptoren wie Permeabilität, Härte und der elektrischen Leitfähigkeit. Deskriptoren sind im Grunde genommen Eigenschaften der Mikroproben, die als Indikatoren auf bestimmte Eigenschaften von Makroproben hindeuten können (siehe hier Emilias Beitrag zu dem Thema). Der Projektbereich D widmet sich gänzlich dem Erforschen solcher Deskriptoren und der Erarbeitung der Methoden, die dazu nötig sind. Ilya Bobrov ist dabei im Teilprojekt D01 tätig.
Diesmal müssen wir nicht im Dunkeln verharren. Ilya platziert uns auf einer rechteckigen Platte im Labor und befestigt das grüne Quadrat, in dem wir eingearbeitet sind, mittels Knete. Die silberne Fläche ist wiederum mit einem Konstrukt aus Metall- und Kunststoffteilen verbunden, an deren Ende sich ein Arm mit Sensor befindet. Mit Letzterem werden wir in engen Kontakt kommen.
Der Sensor bewegt sich in diesem Verfahren automatisch auf und ab und produziert im Zuge dessen ein magnetisches Feld. Wurde der Sensor ursprünglich zu tief eingestellt und trifft er auf eine etwas festere Mikroprobe, so ist es nicht undenkbar, dass der Sensor kaputtgeht. Daher erfordere die Arbeit eine Menge Feingefühl, erklärt Ilya.
Ich bin die erste zu untersuchende Mikroprobe in diesem Verfahren. Der Sensor befindet sich direkt über mir. Wieder schaut Ilya genauestens, ob genügend – aber nicht zu viel – Platz zwischen Mess- und Untersuchungsobjekt (sprich: mir) ist.
Das magnetische Feld, das der Sensor in der Folge herstellt, wirkt auf mich. Und wie! Hätte ich Haare, würden die vom Körper abstehen. Ich spüre Strom in mir – oder genauer: Wirbelstrom. Klingt abgefahren, beschreibt aber gut, wie sich das für eine Mikroprobe wie mich anfühlt. Meine Elektronen haben schon ohne Außenwirkung ein eigenes Drehmoment. Wirkt ein magnetisches Feld auf mich, beginnen sich die Elektronen an der Stelle im Kreis zu bewegen. Ich produziere nun selbst ein magnetisches Feld und wirke damit dem vom Sensor hervorgerufenen entgegen. Der Sensor kann bestimmen, wie ausgeprägt meine magnetische Eigenschaft und Leitfähigkeit an dieser Stelle ist. Minimal bewegt sich der Sensor nach links und der Prozess beginnt von neuem. Jeder kleinste Millimeter meiner Oberfläche wird vom Sensor untersucht. Immerhin dauert das jedes Mal nur wenige Sekunden.
Paula und die anderen Mikroproben müssen das alles auch noch durchmachen. Dann sind wahrscheinlich schon Stunden passé. Ein wichtiger Teil von Ilyas Arbeit ist es dann, bereits ermittelte Kenngrößen (z. B. Härte) mit den aus dieser Messung erschlossenen Erkenntnissen in Relation zu setzen.
Bis es auf unserer Reise weitergeht, werden einige Tage vergehen. Wohin führt uns der Weg? Auf dem Reiseplan ist zwar die Laserhärteprüfung als nächster Schritt vermerkt, allerdings bleiben wir erstmal im D01 und durchlaufen den Prozess der Nanoindentation. Wie bei Mikromagnetismus und XRD ist die Reihenfolge auch hier irrelevant. Und das, obwohl diesmal nicht nur gemessen wird. Um es schon einmal vorwegzunehmen: Wir werden Beulen davontragen.
Darian Harff ist von Januar bis Dezember 2019 studentischer Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsarbeit. Er studiert an der Universität „Digital Media and Society“, einen medienwissenschaftlichen Master.
Bildquellen
- Nach dem Röntgen heißt der nächste Schritt Mikromagnetismus.: SFB 1232
- Einheit wird mit Knetmasse befestigt.: SFB 1232 / Darian Harff
- Ilya am Werkeln.: SFB 1232
- Genau hinschauen: Ist der Sensor zu nahe dran?: SFB 1232 / Darian Harff
- Der Sensor über der Platte.: SFB 1232 / Darian Harff
- Auf und ab: Der Sensor erzeugt ein Magnetfeld.: SFB 1232 / Darian Harff