Was das Auge sonst nicht sieht!

Auch heute wieder sitzen die Schülerinnen bereits lange vor Beginn der Stunde vor dem Kunstraum und wollen schnell hinein, um einen guten Sitzplatz zu ergattern. Aber heute, am wohl letzten richtig warmen Sommertag, wollen wir Versuche mit Wasser machen. Dafür gehen wir in den Garten der Wilhelm-Focke-Oberschule. Zu unserem Glück fällt die Garten-AG aus und wir haben den ganzen Garten nur für uns allein.

In unserer heutigen Stunde dreht sich alles um die High-Speed-Kamera. Für die notwendige Ausstattung und das Wissen haben wir uns Saeedeh Imani eingeladen. Sie bearbeitet im SFB 1232 das Teilprojekt U01 und erstellt Mikroproben durch Zertropfen von Metall für den Sonderforschungsbereich. Für ihre Forschung, muss sie ganz genau wissen, wie ihre Versuchsbedingungen an der Anlage in der Universität ihre metallischen Mikrotropfen beeinflussen. Dafür muss sie ganz genau hingucken können und setzt oft die High-Speed-Kamera ein, um den Prozess der Tropfenbildung verfolgen zu können. Sie wird mit uns ihr Wissen über die Möglichkeiten und den Umgang mit einer High-Speed-Kamera teilen.

Saeedeh Imani an ihrer Anlage in der Universität
Saeedeh Imani an ihrer Anlage in der Universität

Heute werden wir aber keine Metalltropfen beobachten, sondern: Wassertropfen. Bei dem Wetter eigentlich auch eine richtig gute Idee!

Während die Schülerinnen sich unter einem riesigen Sonnenschirm versammeln, baut Saeedeh Imani schon die High-Speed-Kamera und ihren Laptop auf. Die Kamera ist auf ein Stativ gerichtet, an dem eine Taschenlampe und eine Gartenspritze befestigt sind. Aber bevor sie uns den Versuchsaufbau weiter erklärt, kommen wir zunächst einmal zur Theorie.

Eine normale Videokamera nimmt 30 Bilder pro Sekunde auf, was im ersten Moment sehr viel zu sein scheint. Das bewegte Bild ist dadurch ganz schön schnell, aber noch lange nicht schnell genug, um gewisse Dinge sichtbar zu machen. Bereits ein modernes Handy kann 10mal so viele Bilder aufnehmen, sprich 300 Bilder pro Sekunde. Die High-Speed-Kamera hingegen, die Saeedeh Imani heute mitgebracht hat, kann sogar 3000 Bilder pro Sekunde machen, was 100mal so schnell ist wie eine handelsübliche Videokamera. Das klingt schon sehr beeindruckend, aber Saeedeh Imani verrät uns, dass ganz moderne High-Speed-Kameras sogar Millionen Bilder oder mehr pro Sekunde aufnehmen können. Das kann man sich schon gar nicht mehr vorstellen!

Aber was genau macht denn so eine High-Speed-Kamera jetzt sichtbar, was unser bloßes Auge nicht erkennen kann?

Bevor Saeedeh Imani uns das demonstriert, erklärt sie uns nun den Versuchsaufbau, den sie bereits zu Anfang der Unterrichtsstunde vorbereitet hat. Wenn man mit einer High-Speed- Kamera arbeitet, bedarf es an sehr viel Licht. Da die Kamera in einer sehr kurzen Zeit eine enorme Menge an Bildern aufnimmt, bekommt jedes einzelne Bild nur einen sehr geringen Teil an Licht. Um den aufgenommene Gegenstand also gut erkennen zu können, muss mit sehr hellen Lampen gearbeitet werden. Für unseren heutigen Versuchsaufbau hat sie eine kleine aber starke Taschenlampe mitgebracht.

Versuchsaufbau
Versuchsaufbau

Über der Taschenlampe ist eine Gartenspritze angebracht. Diese hat verschiedene Einstellungen. So kommen die Wassertropfen in verschiedenen Anordnungen und mit unterschiedlichen Drücken aus der Düse – als dicker oder dünner Strahl, in einzelnen Tropfen, in Lamellen usw.

Die High-Speed-Kamera ist mit dem Laptop verbunden, so dass die Schülerinnen live sehen können, was die Kamera aufnimmt. Als wir das erste Mal das Wasser anmachen und auf dem Laptop starren, sehen wir keinen Unterschied. Zwar ist das Bild größer, aber wir sehen auf dem Bildschirm genau dasselbe Bild, was wir real beobachten können. Nun kann man aber das Bild nicht nur von der Kamera auf den Laptop übertragen, sondern auch ein Video erstellen und das Ganze sehr viel langsamer abspielen. Würden wir das mit einer normalen Kamera machen, würden wir wohl keinen Film mehr gucken sondern eher eine Art Diashow und von Bild zu Bild wechseln, auf denen dann jeweils viel Veränderung stattfindet. Die High-Speed-Kamera macht aber so viele Bilder, dass wir immer noch ein Video sehen, das aber die  Bewegung des aufgenommenen Objekts um ein vielfaches langsamer zeigen kann.

Tropfen mit der Hochgeschwindigkeitskamera
Tropfen mit der Hochgeschwindigkeitskamera

So zeigt sich, dass Wasser ganz unterschiedlich aussehen kann. Es können sich minikleine Tropfen bilden oder eine Wassermasse bewegt sich in eine Richtung. Nach und nach gehen wir alle Einstellungen der Gartenspritze durch. Nun sind die Schülerinnen gefragt. Es ist nicht ganz einfach, den Wasserstrahl einzustellen. Dazu muss man darauf achten, dass dieser vor der Taschenlampe vorbeifließt und dass die Kamera dieses Bild einfängt.

Jede Einstellung sieht durch den Blick der High-Speed-Kamera ganz anderes aus. Besonders gut gefällt den Schülerinnen die Lamelleneinstellung, weil sich das Wasser wellenartig bewegt und eine schöne Form annimmt.

Zu guter Letzt wollen wir wissen, wie es aussieht, wenn ein Tropfen auf einem Löffel aufkommt und zerplatzt. Das gestaltet sich gar  nicht so einfach, denn bei unseren ersten Versuchen, platzt der Tropfen gar nicht, er fließt einfach nur am Löffel herunter. Uns fehlt Druck! Stellen wir den über die Gartenspritze her, gelingt uns es allerdings immer noch nicht, einzelne Tropfen zu sehen. Aber Hannah hat die rettende Lösung! Wir befestigen die Gartenspritze einfach ganz weit oben und die Taschenlampe ganz weit unten. So verlängern wir die Fallhöhe und der Tropfen zerspringt ordentlich auf dem Löffel.

Die Aufnahmen der Kamera sind richtig schön. Das hätten wir mit dem bloßen Auge nie sehen können.

Einfach mal die Finger kühlen
Einfach mal die Finger kühlen

Nachdem wir mit dem aufgefangenen Wasser nochmal alle Pflanzen gegossen haben und ein paar nassgewordene Schülerinnen sich in der Sonne trocknen, ist die Stunde auch schon fast um.

Schluss für heute. Unser nächstes Projekt findet nach den Herbstferien an der Universität statt. Zusammen mit zwei Informatikerinnen werden wir Kissen zum Leuchten bringen.

Bildquellen

  • Saeedeh Imani an ihrer Anlage in der Universität: SFB 1232 / Claudia Sobich
  • Versuchsaufbau: SFB 1232
  • Tropfen GIF schnell: SFB 1232 /Saeedeh Imani
  • Einfach mal die Finger kühlen: SFB 1232 / Claudia Sobich
  • Claudia Sobich: SFB 1232 / Maria Hilken
  • Was sieht man auf dem PC?: SFB 1232 / Claudia Sobich

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